REZENSION
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ALEXANDER
ist grandios! Regisseur Oliver Stone hat eine einzigartige und epische
Filmbiografie geschaffen. Aber ALEXANDER ist trotz eindrucksvoller Schlachten nicht wirklich das
epische Schlachtengemälde, als das ihn die Filmproduktionsfirma
verkaufen möchte. ALEXANDER ist ein historischer Kriegsfilm und
gleichzeitige das brillante Gemälde eines Menschen mit all seinen Stärken
und Schwächen.
Colin Farrell spielt nicht Alexander den Großen,
er taucht in diese Rolle ein. Er füllt Alexander mit all seiner
Tragik, seinen Träumen und seinen Idealen an und schafft eine
unglaublich imposante und vor allem glaubwürdige Figur. Ihm gegenüber
steht Angelina Jolie, die Olympias eine Eindringlichkeit einhaucht,
wie es wahrscheinlich nur wenige Schauspielerinnen geschafft hätten.
Jolies Darstellung von Alexanders Mutter ist voller Zorn und Kraft,
die einem förmlich entgegenspringt. Der dritte im Bunde ist Val
Kilmer, der in seiner Rolle als König Philipp kaum wiederzuerkennen
ist. Seine Darstellung ist ähnlich brillant wie in THE DOORS und überzeugt
auf der ganzen Linie. Vielleicht sollte Kilmer einfach öfters mit
Oliver Stone zusammenarbeiten, dann bekommt er auch irgendwann
bestimmt einmal seinen wohlverdienten Oscar.
Das
Haken des Films liegt aber beim Regisseur. Oliver Stones macht es dem
Zuschauer, der es gewöhnt ist bedient zu werden, nicht leicht und
verlangt ihm einiges ab. Er nimmt sein Publikum ernst und erwartet im
Gegenzug, das es sich auf den Film einlässt. ALEXANDER ist kein
Popcorn-Kino, sondern eine ganz besondere Geschichtsstunde, die aber
einige Vorkenntnisse erfordert. Im Gegensatz zu anderen Regisseuren
nimmt Stone den Zuschauer nicht bei der Hand, sondern lässt ihn
alleine und verwirrt zwischen den gewaltigen Schlachtreihen der
makedonisch-griechischen Armee herumirren. Genau wie in Filmen wie NATURAL
BORN KILLER, NIXON oder JFK muss der Zuschauer auch bei ALEXANDER
mitdenken. ALEXANDER
ist wie eine großartige Oper, in deren vollen Genuss man auch nur
kommt, wenn man Hintergründe und Protagonisten kennt. Alle anderen
sehen ein paar schöne Kulissen, ein paar eindrucksvolle Szenen, aber
wie alles zusammenhängt und um was es geht, bleibt dem Unwissenden
verborgen.
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Oliver Stone pfeift auf Hollywoods Einheitsbrei.
ALEXANDER ist ein europäischer Film, ein elitärer Film. Wer aber zum Kreis der Eingeweihten gehört, für den ist
ALEXANDER ein Hochgenuss. Denn Stone gelingt das Unglaubliche:
fast akribisch bleibt er an seiner Vorlage, der Alexander-Biografie
des Historikers Robin Lane Fox. Natürlich ist die Zeit im Kino
begrenzt und daher müssen viele Szenen dem Zeitdruck weichen, aber
der Grundtenor wird von Stone deutlich herausgearbeitet. Er stellt
Alexander als Mensch dar, der bewundernswert und bemitleidenswert zur
gleichen Zeit ist. Immer wieder betont auch der Hauptprotagonist
selbst, dass Ruhm und Heldentum unzertrennlich mit Leid verbunden
sind. Und von der ersten Minute des Films ist dem Zuschauer diese
Tragik bewusst, denn die Handlung beginnt mit dem Tod des
makedonischen Eroberers.
Zugegebenermaßen verfällt Stone einer gewissen Begeisterung, die mit einer Verharmlosung von
Alexanders Taten einhergeht. Dass der makedonische Feldherr
beispielsweise eine Rebellion in Theben beenden ließ, indem er 6.000
Menschen hinrichten und 30.000 versklavte ließ, wird nur in einem
Nebensatz erwähnt. Aber Stone ist sich dieser Verklärung durchaus
bewusst und erklärt dem Zuschauer durch den Erzähler Ptolemäus: „Hat
ein Mann wie Alexander jemals wirklich existiert? Nein, natürlich
nicht! Wir idealisieren ihn. Wir machen ihn besser, als er war.“
Alexander ist der Erbe der großen Helden, er
soll angeblich mit der Ilias unter dem Kopfkissen geschlafen haben und
er sah sich als Sohn des Zeus und Nachkomme des Achilles. Mit großer
Begeisterung zieht Stone die Parallelen zwischen Alexander und den
klassischen Sagen. Alexander lebt den Traum des Herakles und begibt
sich auf die Suche nach den Grenzen der Welt, doch was er findet ist
das niemals endende Leid des Prometheus. Zu allem Unglück tritt er
auch in die Fußstampfen von Ödipus, gibt sich die Schuld am Tod
seines Vaters und heiratet symbolisch seine eigene Mutter. Ein Held
der antiken Sagenwelt bekommt sein ganz eigenes Denkmal durch
Alexander: Der mächtige Achilles. Nichts hat Alexander so sehr
fasziniert wie die Liebe zwischen Achilles und Patroklos. Und so
zelebriert Alexander seine Liebe zu Hephaistion geradezu, immer mit
dem Wissen, dass eines Tages jemand auch seine Achillesferse finden
wird. Erst durch die Parallelen zu all diesen Halbgöttern, wird
Alexanders menschliche Fehlbarkeit verdeutlicht.
Und wenn ein Mensch 330 Jahre vor Christi Geburt
den modernen und geradezu utopischen Traum hat, die Völker zu
verschmelzen, damit sie gegenseitig von ihren Errungenschaften
profitieren können, dann hat er es verdient, der „Große“ genannt
zu werden. |
FAZIT:
Was macht einen guten Film aus? Muss ein Film für
sich selbst sprechen und allein bestehen können? Muss ein Film sein
Publikum bedienen? Ist der Film ein Produkt? Muss ein Film
massenkompatibel sein? Die Antwort ist bedauernswerter Weise in allen
Fällen „ja“. Leider hat Oliver Stone bei seinem Traum das
Publikum vergessen. Stone hat einen Film für sich selber gemacht und
nur einige wenige können ihm auf seiner Reise folgen. Trotz einer
begeisterten Kritik hier also ein schlechtes Fazit, denn so
funktionieren Filme einfach nicht. Philologen, Historiker und andere
Alexander-Fans werden ALEXANDER lieben, doch wer in diesem Film geht,
ohne jemals etwas von Aristoteles, Ptolemäus und Hephaistion gehört
zu haben geht schnell zwischen historischen Charakteren und
philosophischen Ideen verloren.
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